Elektrische Flugzeuge: Setzen wir künftig auch in der Luft auf E-Mobilität?
Dieser Inhalt ist im Rahmen einer Partnerschaft mit der AUDI AG und National Geographic entstanden und wurde auf nationalgeographic.com veröffentlicht.

Während sich Autos und Züge immer weiter in Richtung grüne elektrische Energie bewegen, werden sich die Emissionen des CO₂-Hauptverursachers – des Flugverkehrs – bis 2050 voraussichtlich um das Siebenfache erhöhen. Ein Zustand, der für die Erde untragbar ist. Demnach schuldet uns vor allem das Transportwesen Antworten auf die Frage, wie wir dem Planeten in Zukunft weniger Schaden zufügen.
Natürlich gibt es individuelle Möglichkeiten, beim Fliegen den eignen CO₂-Abdruck zu reduzieren: Man kann Emissionen kompensieren, eine grüne Airline wählen oder ganz einfach weniger fliegen. Aber auf dem Weg zu grünerem Luftverkehr brauchen wir dringend ganz neue Ansätze – zum Glück stehen bereits einige zur Auswahl.

E-Flugzeuge
Die Umstellung auf elektrischen Luftverkehr geht mit zahlreichen Herausforderungen einher. Die wohl größte ist die Tatsache, dass Batterien für Langstreckenflüge so schwer wären, dass kein Flieger damit abheben könnte. Ein nicht gerade unerheblicher Stolperstein. Aber bei jährlich zwei Milliarden verkauften Tickets für Flugstrecken unter 800 Kilometern zeigt sich das immense Potenzial für umweltfreundliche Kurzstreckenflüge.
Harbour Air ist die größte Wasserflugzeug-Airline in Nordamerika, die jedes Jahr mehr als 500.000 Passagiere auf 30.000 kommerziellen Flügen in 40 propellerbetriebenen Wasserflugzeugen transportiert. Das Unternehmen, das seinen Sitz in Vancouver hat, fliegt seine Passagiere über schneebedeckte Berge, atemberaubende Kiefernwälder und kristallklare Gewässer. Der entscheidende Faktor ist: Alle Harbour-Air-Flüge sind kürzer als 30 Minuten, wodurch sie sich perfekt für Elektromotoren eignen.
„Als Airline arbeiten wir bereits CO₂-neutral – aber wir wollen noch mehr erreichen“, so Geschäftsführer Greg McDougall. „Wir befinden uns mitten in der Umsetzung von etwas, das vielen Menschen bisher unmöglich erschien: nämlich unsere gesamte Flotte in Elektroflugzeuge umzuwandeln … Für uns ist die Entwicklung des Transportwesens hin zum Elektroantrieb der logische nächste Schritt.“ Zu diesem Zweck hat sich die Airline mit magniX zusammengetan, einem Unternehmen, das die Revolution der elektrischen Luftfahrt vorantreibt, um den weltweit ersten kommerziellen Flug mit Elektromotor zu ermöglichen. Der Start ist für das Jahr 2022 geplant.

Elektrischer Flugverkehr ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern punktet auch mit finanziellen Vorteilen. So verbraucht ein kleines Flugzeug auf einer Flugstrecke von rund 160 Kilometern herkömmlichen Treibstoff im Wert von 400 US-Dollar; die entsprechenden Kosten bei einem elektrisches Flugzeug liegen zwischen 8 und 12 US-Dollar auf derselben Strecke – und diese Rechnung berücksichtigt noch gar nicht die höheren Wartungskosten eines traditionellen Motors. Zusätzlich ist das Fliegen in Elektroflugzeugen um einiges angenehmer: Laute Motorengeräusche, Vibration, Treibstoffgeruch, all das entfällt – es gibt nur himmlische Ruhe.
Für Unternehmen wie Harbour Air ist der Schritt zum Elektroflugzeug kein Hexenwerk, auf Mittelstreckenflügen aber gestaltet sich die Sache schwieriger. Das israelische Start-up Eviation versucht es daher mit einem ganz neuen Flugzeugtyp namens Alice. Optisch nicht gerade der klassische Flieger: Alice wird von drei nach hinten gerichteten Propellern angetrieben und besitzt einen flachen unteren Rumpf, der die Maschine beim Anheben unterstützt. „Ein Flugzeug wird stets um sein Antriebssystem herum gebaut. Elektrisch bedeutet, wir können leichte Motoren einsetzen und haben so mehr Spielraum bei der Konstruktion“, erklärt Eviation-Geschäftsführer Omer Bar-Yohay. Alice soll plangemäß neun Passagiere bis zu 1.000 Kilometer weit auf rund 3.000 Meter Höhe transportieren – und der Plan scheint aufzugehen: Eviation hat schon vor dem Jungfernflug, der im Jahr 2022 stattfinden wird, erste Anfragen.

Die Herausforderungen beim elektrischen Flugverkehr
Trotz einiger echter Durchbrüche in der E-Flugzeug-Branche sorgen technische Schwierigkeiten immer noch für Kopfzerbrechen. Eine Batterie – sogar eine Lithiumbatterie – bietet nur 250 Wattstunden pro Kilogramm; im Vergleich dazu hat flüssiger Kraftstoff eine spezifische Energie von 11.890 Wattstunden pro Kilogramm. In einem Flugzeug, in dem jedes Gramm zählt, ist das keine Kleinigkeit.
Und dann gibt es da noch die Luftfahrtvorschriften. Die Industrie hat Jahre gebraucht, um die Regeln für das Fliegen umfassend, sicher und extrem streng zu gestalten. In den USA sind es nicht nur Vorschriften, sondern Gesetze, und es herrscht keine Bereitschaft für Änderungen, wenn die Technik und die damit verbundenen Risiken nicht hinreichend bekannt sind. Das Problem ist, dass die auf Kolbenmotoren ausgerichteten Lösungen herkömmlicher Flugzeuge nicht zu Elektroflugzeugen passen. Ein typisches Beispiel: Nach den aktuellen Vorschriften der Federal Aviation Administration (FAA) müssen größere Lithiumbatterien fest in einem Kasten gesichert werden, um ein mögliches Feuer oder ein Leck zu verhindern – was ganz offensichtlich nicht funktioniert, wenn die Batterie das Flugzeug antreiben soll. Und so könnte es trotz Bemühungen der FAA noch Jahre dauern, bis die Vorschriften den Stand der Technik eingeholt haben.
Sind Hybridflugzeuge die Lösung?
Hybride haben in der Automobilindustrie den Wandel von Benzin zu Elektro gestützt – eine Methode, die auch im Luftverkehr funktionieren könnte. Bei einem Mittelstreckenflug mit einer Reichweite von bis zu 1.500 Kilometern könnten CO₂-Emissionen reduziert werden, indem die elektrischen Komponenten in entscheidenden Phasen wie dem Start oder der Landung zum Einsatz kommen.

Hybride können für Airlines eine Art Sicherheitsnetz sein, wenn es um den Einsatz von Elektromotoren geht. Verschiedene Modelle sind derzeit in Produktion: Das „E-Fan X“-Programm von Airbus, Rolls-Royce und Siemens mit einem Zwei-Megawatt-Elektromotor wird 2021 gelauncht. Das Projekt „804“ von United Technologies, das die Kraftstoffkosten angeblich um 30 Prozent senkt, soll Mitte 2020 fertiggestellt sein. Und die in Großbritannien ansässige Airline Easyjet arbeitet mit Wright Electric zusammen, um Elektroflugzeuge innerhalb der nächsten zehn Jahre im regulären Flugbetrieb einzusetzen
Für die Flugbranche brechen aufregende Zeiten an. Unter der Führung von Unternehmen wie Harbour Air und Eviation werden batteriebetriebene Flugzeuge innerhalb der nächsten Jahre Wirklichkeit werden, besonders auf der Kurzstrecke. Die Herausforderung liegt auf der Langstrecke, aber eventuell sind Hybride eine erste Übergangslösung, zumindest bis die Technik und die Vorschriften es zulassen, eine noch nachhaltigere Lösung zu finden, um den Himmel zu erobern.

Dr. Leslie Dewan
Dr. Leslie Dewan ist Mitbegründerin und Vorstandsvorsitzende von Transatomic Power, einem Unternehmen für die Konstruktion von Kernreaktoren mit Sitz in Cambridge, Massachusetts, das dort die nächste Generation nachhaltiger Kernkraftwerke entwickelt. 2013 hat Sie am MIT in Nukleartechnik mit einem Forschungsschwerpunkt in Computational Nuclear Materials promoviert. Davor hat Dewan für ein Robotikunternehmen in Cambridge gearbeitet und Such- und Rettungsroboter sowie Ausrüstung für die Identifizierung von chemischen und nuklearen Waffen entwickelt.
Dewan wurde mit dem MIT Presidential Fellowship und dem Department of Energy Computational Science Graduate Fellowship ausgezeichnet. Sie ist Mitglied der MIT Corporation, dem Leitungsgremium des Massachusetts Institute of Technology. Sie wurde außerdem vom Time Magazine zu den "30 People Under 30 Changing the World", zum MIT Technology Review "Innovator Under 35", zum Forbes "30 Under 30" Honoree und zum World Economic Forum Young Global Leader ernannt.